Verderben am Schwanensee

Die kurze Geschichte von dürren Hampelmännern und 30-jährigem Schrott

Es ist würdig und recht, wenn man seine Vorurteile gelegentlich einer Probe aufs Exempel unterzieht. In diesem Sinne hab ich meine Ablehnung gegen Ballett einer Feuertaufe unterzogen. Und zwar nicht mit irgendeinem Stück, sondern mit dem "Schwanensee". Und zwar nicht von irgendeinem Ensemble, sondern vom St. Petersburger Staatsballett. Dafür dann aber irgendwo, nämlich in der Halle F der Wiener Stadthalle. Dass die Stadthalle nicht die Staatsoper ist, merkte ich bei den ersten Takten, die nicht direkt aus der Orchestergrube, sondern aus körnigen Lautsprechern erklangen.

Wirklich hart wurde es aber erst, als sich der Vorhang zur Seite schob und die Sicht auf die Bühne freigab: Zu sehen war eine Choreographie, die wenig mit der ohnedies spärlichen Dramaturgie zu tun hatte. Die Geschichte von "Schwanensee" lässt sich in nur drei Sätzen nacherzählen: Gelangweilter Prinz verliebt sich in eine in einen Schwan verzauberte Prinzessin. Er verlässt sie. Er verliert sie (fast) an den Tod.

Um das Ganze auf eine Länge von fast drei Stunden aufzublasen, wird das Leben am Hof und am Schwanensee mit der Willkürlichkeit und Unnötigkeit einer Revue-Show zelebriert: Da tanzen die Schwäne und die Zofen, da feixen die Narren, da machen die Galane den Hof, das alles in aufwändigen Tänzen, die nichts mit der Handlung zu tun haben, dafür aber mit einer um Beifall heischenden Verbeugung enden und vom willigen Publikum mit gedankenlosem Händepatschen teils unterbrochen, teils abgerundet werden.

Wobei ich dem russischen Ensemble nicht die tänzerische Kunstfertigkeit absprechen will: Es ist sicher nicht leicht, sich die Grazie und die Muskeln anzutrainieren, wenn man vom Finger in den Hals lebt. Ich habe aber zu viele Leute kennen gelernt, die sich in ihrer Jugend von Ballett körperlich oder seelisch ruiniert haben lassen. Und diejenigen, die es im Ballett schaffen, gehören mit 30 nicht einfach nur zum Alteisen, sondern - Stichwort Hohlkreuz, Gelenksbeschwerden, Mangelernährung - zum psychischen und physischen Schrott.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Mehr Reiseberichte
http://luxxx.wordpress.com /category/irrlicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:13
Mehr Reiseberichte
http://luxxx.wordpress.com /category/irrlicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:13
Mehr Reiseberichte
http://luxxx.wordpress.com /category/irrlicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:13
Mehr Reiseberichte
http://luxxx.wordpress.com /category/irrlicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:12
Mehr Streiflichter
http://luxxx.wordpress.com /category/streiflicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:12

Suche

 

Status

Online seit 6729 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 24. Mär, 14:13

Credits


Belichtung
Lichtsonden
Lichtspiele
Nasse Fetzn
Scheinwerferlicht
Streiflichter
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren