Österreichische Schriftsteller sind meist in der linken Hälfte des politischen Spektrums zu finden – Robert Menasse zum Beispiel ist bei jeder nenneswerten Anti-Rechts-Demo zu finden, Doron Rabinovici ist ein Bäume-Umarmer am Augartenspitz. So ist es wenig Wunder, dass der Oberösterreicher Franzobel über Arigona Zogaj schreibt. Unter dem Titel
„Österreich ist schön“ hat er eine als Märchen getarnte Nacherzählung der Begebenheiten, eine Verarbeitung als Theaterstück und ein Sammelsurium satirischer nationalistischer Schöpfungsmythen vereint.
Eh klar, möchte man sagen, als Literat geriert sich Franzobel als Gewissen der Nation, der hat ja gut reden, verdient sich mit dem salbungsvoll Palavern eine goldene Nase. Irrtum. Was Franzobel in dem Buch beschreibt, ist die dunkle Seite der österreichischen Bevölkerung als Brechmittel – so viel kann man gar nicht fressen, wie man beim Lesen des Buches speibm will. Seine Beschreibung der Niedertracht und des Neides trifft den Grundton in so vielen Online-Foren von heimischen Medien, wo sich Poster hinter der Anonymität eines Nicknamens zu Hasstiraden gegen alles und jeden, was ihrer Meinung nach schwarzer, weißer, größer, kleiner, linker oder rechter ist. Ein Mob, bei dessen Anblick auch
Michael Fleischhacker von der „Presse“ den Kopf schüttelt – dabei hat gerade in der „Presse“ lange die Devise gegolten, dass alles, was nicht strafrechtlich relevant ist, als Posting durchgeht.
Was aber noch viel erschreckender ist als die Bosheit, die Hässlichkeit und der Hass der Poster: Beim Lesen des Buches blitzen die Gesichter von Leuten auf, mit denen ich über Arigona im Speziellen und Asyl im Allgemeinen geredet habe. Menschen, mit denen man gut reden kann, die an der Welt interessiert und über sie informiert sind – ganz normale, kritische Menschen.
Jetzt stell ich mir die Frage: Wie weltfremd sind Menschen wie Franzobel und ich? Und wieviel Realität verträgt man, wenn einem das Lesen eines Buches Brechreiz bereitet?