Von Blinden, Tauben und Spatzen

Die Geschichte, warum der Wunsch, Journalist zu werden, bescheuert ist und warum Finger in den Ohren durchaus ihre Berechtigung haben. Eine Glosse.

Oh mein Gott! Worauf habe ich mich da eingelassen? Hätte ich doch nur auf meine Eltern und meinen Mathematikprofessor, auf meinen Beichtvater und meine Großstrumpftante gehört! Jetzt hat es mir einer offenbart, der es besser wissen muss. Nämlich der Chef der Journalistengewerkschaft, Franz C. Bauer: „Kann man jemandem mit ruhigem Gewissen empfehlen, Journalist zu werden? Die Antwort lautet: Nein!“
Und er präsentiert triftige Argumente. Angesichts der höchsten Arbeitslosigkeit bei Journalisten. Angesichts mangelnder Angebote von schlecht bezahlten oder gänzlich unvergüteten Praktika, die in einem rechtlosen Raum stattfinden, da weder Medienrecht noch Haftungsklauseln geklärt werden. Angesichts einer Medienkonzentration, welche die Meinungsvielfalt und den Qualitätsjournalismus saharagleich verdorren lässt.
Schön langsam wünschte ich, ich hätte den goldenen Boden des Handwerks unter den Füßen anstatt vor Augen die Vision, jemals ein Redakteur bei einem Medium zu werden. All die Studienjahre, die Praktika, die Ambitionen in den Wind gesetzt? All das Erwerben des technischen Know How, der stilistischen Feinschleifereien, des intellektuell-elitären Gehabes letztlich für den sprichwörtlichen Hugo? Per aspera ad astra – nur humanistisch-idealistisches Wunschdenken? Das ist wohl hauptsächlich eines: herb wie ein Sack voller Hopfen!
Aber von solchen Ratschlägen aufhalten lassen? Garantiert nicht! Aus zweierlei Gründen: Erstens, als Journalist irgendjemanden auch nur irgendetwas zu glauben, ist der größte (Anfänger-)Fehler, den man machen kann. Selber nachrecherchieren, andere Leute befragen, dann schaut die Sache schon ganz anders aus.
Also habe ich zum Beispiel mit Anneliese Rohrer von der FH für Journalismus gesprochen. Und die sagt Praktika keilen, keilen, keilen. Und Erfahrung dazu, egal um welchen Preis.
Zweitens, vor Hindernissen zu kapitulieren ist nicht nur eine Untugend im Journalismus, sondern allgemein. Wenn man sie schon nicht überwinden kann, dann zumindest Alternativen suchen, Hintertüren, Eigeninitiative ergreifen. Kurzum: Frechheit siegt, und Kreativität hat auch noch keinem geschadet (abgesehen von Van Gogh, aber ob da die Kreativität schuld an der Geschichte mit seinem Ohr ist?).
Also: Danke für die gut gemeinten Ratschläge! Aber ich bleib bei meinem Samuel Beckett:

Schon mal versucht.
Schon mal versagt.
Macht nichts.

Wieder versuchen.
Wieder versagen.
Besser versagen.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Aktuelle Beiträge

Mehr Reiseberichte
http://luxxx.wordpress.com /category/irrlicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:13
Mehr Reiseberichte
http://luxxx.wordpress.com /category/irrlicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:13
Mehr Reiseberichte
http://luxxx.wordpress.com /category/irrlicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:13
Mehr Reiseberichte
http://luxxx.wordpress.com /category/irrlicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:12
Mehr Streiflichter
http://luxxx.wordpress.com /category/streiflicht/
Luxxx - 24. Mär, 14:12

Suche

 

Status

Online seit 6747 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 24. Mär, 14:13

Credits


Belichtung
Lichtsonden
Lichtspiele
Nasse Fetzn
Scheinwerferlicht
Streiflichter
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren